Einer der beiden Chratzme-Höfe bei Landiswil, von wo 1671 der „besonders widerspenstige“ Täufer Ueli Liechti mit seiner Familie fliehen musste.
In diesen Tagen der omnipäsenten Flüchtlingsnot liegt es nahe, sich daran zu erinnern, dass Auswanderung und Flucht auch zu den jahrhundertelangen Konstanten täuferischer Geschichte gezählt haben.
Eine der aus dem Bernbiet stammenden täuferischen Familien, deren Fluchtwege sie vom Emmental über den Jura ins Elsass, in die Pfalz und in den Kraichgau und von dort nach Nordamerika geführt haben, sind die Liechti.
Mehr noch als bei manch anderen Familien sind in heiklen Zeiten immer wieder einige weiter gezogen, währenddem andere geblieben sind. Das führte dazu, dass es heute sowohl in schweizerischen Mennonitengemeinden noch Liechtis gibt, als auch in Deutschland zahlreiche Lichtis und in Nordamerika noch zahlreichere Leichty, Leighty oder Liechty.
Wie meistens, so sind auch für die täuferischen Anfänge dieser Familien die Zusammenhänge komplizierter, als einem bisweilen lieb ist. Den Familiennamen Liechti findet man nämlich bereits im 17. Jahrhundert im Bernbiet an verschiedenen Orten, so etwa in Oberdiessbach, in Hasle bei Burgdorf, in Rüderswil, in Trachselwald, in Landiswil und Biglen sowie in Signau und im Eggiwil.
Die reformierte Kirche von Eggiwil
In manchen der genannten Orte gab es Personen aus Liechti-Familien mit Bezügen zum Täufertum. Der früheste täuferische Liechti in meiner eigenen Datenbank ist ein Hans Liechti aus Oberdiessbach, der in Akten aus den 1550er Jahren auftaucht. Längerfristig bedeutsam scheinen bei den täuferisch-mennonitischen Liechtis aber vor allem zwei bzw. drei Stammlinien zu sein: Eine aus dem Eggiwil und eine aus der Kirchgemeinde Biglen, wobei bei letzterer die eine Unterlinie Biglen als Heimatort angibt, die andere Landiswil (was ebenfalls zur Kirchgemeinde Biglen gehört).
Reformierte Kirche in Biglen
Bereits in den 1670er Jahren sind etliche Liechtis in die Pfalz und in den Kraichgau geflüchtet. Später haben sich zahlreiche Liechtis im Fürstbistum auf den Jurahöhen niedergelassen, zuerst auf der Chasseralkette und später vor allem im Raum Moutier: Es sind Angehörige sowohl der Eggiwil- als auch der Biglen- und Landiswil-Linie.
Welches die jeweiligen „Stammhöfe“ der einzelnen Linien sind, ist noch nicht restlos geklärt. Einer der kaum bekannten möglichen Stammhöfe ist der Chratzme, südwestlich von Landiswil, wo 1671 ein Täufer Ueli Liechti in den Akten wiederholt als besonders widerspenstig bezeichnet wird und in der Folge mit seiner Familie ebenfalls die Heimat verlassen muss.
(Die obige Foto zeigt einen der beiden Höfe)