Transformation durch Provokation?!

Was passiert, wenn wir 2022 mit einer grossen Bibel, geschmückt mit Blumen, durch die St. Alban Vorstadt ziehen und dabei das kund tun, was uns bewegt? Wir werden es erleben. Unser ökumenischer Gedenkspaziergang an Fronleichnam, 16. Juni, ist bei der Stadt Basel als Demonstrationszug angemeldet.

«Das ist das rächt heylthumm, das ander werind thoten bein!» Der Leutpriester Wilhelm Reublin an der Fronleichnams-Prozession vor der Albankirche. (Unbekannter Künstler, Privatbesitz)

Vor genau 500 Jahren jedenfalls provozierte genau das, und zwar ungeheuer. An Fronleichnam zog Leutpriester Wilhelm Reublin nicht mit der Monstranz, sondern mit einer Bibel durch die St. Alban Vorstadt. Ein Skandal.

Leutpriester Reublin hatte schon am prominent besetzten Fastenbrechen im Klybeck-Schlössli wenige Wochen zuvor mit geschmaust. Das ging als Basler Spanferkelessen in die Geschichte ein. Wegen des Fronleichnam-Skandals wurde er dann aus Basel ausgewiesen. Ein Protestzug seiner Anhängerinnen und Anhänger vors Basler Rathaus verhinderte das nicht.

Auch nachher wirkte Reublin an der Reformation mit, aber: Sie verlief ihm nicht konsequent genug. Wohl als erster Theologe damals ging er bereits 1523 die Priesterehe ein. Das wurde zum reformatorischen Akt und kann bis heute den Bruch mit Rom bedeuten. Reublin wurde schliesslich Täufer, weil er die Kindertaufe als unbiblisch ablehnte. Schliesslich kam er nach Zollikon, um dort 1525 die erste Täufergemeinde mitzugründen.

So gingen damals die Wege von Katholiken, Reformierten und Täufern auseinander. Heute gehen wir den Weg gemeinsam und kommen über Transformation von Kirche und Gesellschaft ins Gespräch.

Wie viel Provokation müssen wir uns erlauben, um als Christinnen und Christen noch gehört zu werden? Wie viel Provokation braucht es im Innern unserer Kirchen, damit sie sich weiter reformieren? Darüber wollen wir an Fronleichnam ökumenisch «disputieren».

 

Ökumenischer Fronleichnams-Spaziergang, Donnerstag, 16. Juni 2022.

Start: St. Alban Kirche, 17:15 Uhr.

Der historische Spaziergang führt vorbei an der Papiermühle und dem Pfarrhaus am Mühlenberg 12 bis zum Bischofshof, Rittergasse 1. Dort in der Hofstube halten wir ab 19:00 Uhr eine «Disputation» ab, mit anschliessendem Apéro.

Impulse auf dem Weg geben Täuferhistoriker Dr. Hanspeter Jecker vom Schweizerischen Verein für Täufergeschichte und die römisch-katholische Theologin Veronika Jehle. Am Pfarrhaus Wilhelm Reublins empfängt der heutige Hausherr, der reformierte Kirchenratspräsident Pfr. Prof. Lukas Kundert. Den Spaziergang mit Bibel und das anschliessende Podium zur Frage, wie viel Provokation wir heute zur Gestaltung von Kirche und Gesellschaft brauchen können, moderiert die Radiotheologin Judith Wipfler. Mit diskutieren wird auch der christkatholische Pfr. Prof. Michael Bangert.

Eine gemeinsame Veranstaltung des Schweizerischen Vereins für Täufergeschichte (www.mennonitica.ch) und der Evangelisch-Reformierten Kirche Basel-Stadt (www.erk-bs.ch).

Dieser Beitrag wurde unter Basel, Bibel, Mennoniten, Reformation, Schweiz, Täufer, Täufergedenken, Zürich abgelegt und mit , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.