Durs Aebi alias Theodorus Eby von Sumiswald

Urbar über das Täufergut der Kirchgemeinde Sumiswald (Gemeindearchiv Sumiswald)

Urbar über das Täufergut der Kirchgemeinde Sumiswald (Gemeindearchiv Sumiswald)

Das Internet ist auch für täufergeschichtliche Fragen eine zunehmend wichtige Quelle: Immer mehr Dokumente aus Archiven sind online geschaltet, und immer mehr Forschungsresultate sind auf dem Netz abrufbar.

Mit der zunehmenden Datenmenge wird aber nicht nur Hilfreiches besser verfügbar, sondern auch eine wachsende Flut an Falschinformationen macht es zunehmend schwer, sich zurecht zu finden. Und ein Fehler wird dadurch nicht wahrer, wenn man ihn zwanzig mal wiederholt oder dreissig mal kopiert und weiter verbreitet… Besonders deutlich wird dies im Bereich der Familienforschung.

Einzelne aus der Schweiz ausgeschaffte oder geflüchtete Täuferinnen und Täufer haben heute eine teils sehr zahlreiche Nachkommenschaft im Ausland. Viele dieser Nachkommen – insbesondere in Nordamerika – sind an ihren eigenen Wurzeln in der Schweiz sehr interessiert. Und viele wünschen sich, einmal in ihrem Leben eine Reise an diejenigen Orte, Dörfer, Weiler und Einzelhöfe machen zu können, von denen ihre Vorfahren um ihrer Überzeugungen willen vertrieben worden sind. Und hier bietet sich das Internet natürlich an als Quelle, um die eigene Familiengeschichte rekonstruieren zu können.

Dazu ein Beispiel: Recht viele heute in Nordamerika lebende Personen berufen sich auf einen „Theodorus Eby“ als ihren Vorfahren.* Dieser sei um 1720 nach Pennsylvania gekommen – aber welches seine Vorgeschichte ist, wer seine Eltern und allfälligen Kinder sind und aus welchem Winkel der Schweiz er stammt, dazu gibt es auf diesen Websites sehr Widersprüchliches zu lesen.

Während „Eby“ als angelsächsische Schreibweise von „Aebi“ noch leicht nachvollziehbar ist, bleibt bereits unklar, wie aus dem schweizerischen Vornamen „Durs“ (Urs) ein Theodorus werden konnte.

Denn der männliche Vorname Durs (auch Urs) geht wohl auf einen Zusammenzug von Sankt Ursus [Turs / Durs] zurück. Der Heilige Ursus (gemäss Legende gestorben etwa um 300 in Solothurn) ist ein Märyrer der legendären Thebäischen Legion und er ist überdies der Schutzpatron der Stadt Solothurn. Im Solothurnischen war der Name Urs (lat. ursus = Bär) denn auch lange Zeit weit verbreitet. Im Bernbiet war er vor allem in den Grenzregionen zum Solothurnischen recht häufig (Vgl. auch Idiotikon I, 467).

So richtig schwierig wird es dann aber, wenn die einen Quellen ihn als Zürcher, die anderen als Solothurner aus Oberbuchsiten, und die dritten ihn als „wahrscheinlich aus dem Bernbiet stammend“ bezeichnen.

Aufgrund des aktuellen Kenntnisstandes taucht ein Durs Aebi als Täufer in den Akten wohl erstmals im Oktober 1670 auf, und zwar im Bernbiet. Zu jenem Zeitpunkt wurde er vom Landvogt zu Trachselwald inhaftiert und bald darauf nach Bern ins Waisenhaus überführt, weil man mit ihm als einem „töüfferischen ertzlehrer“ kurzen Prozess machen wollte.

Glücklicherweise sind etliche der bei den in der Folge stattfindenden Verhören erstellten Dokumente erhalten geblieben und können (u.a.) im Staatsarchiv Bern studiert werden.

Staatsarchiv Bern

Staatsarchiv Bern

Aufgrund dieser Texte wird schon bei einer ersten Durchsicht rasch deutlich, dass vieles auf den einschlägigen Websites im Internet nicht stimmen kann. Fast aus jeder einzelnen Archivalie gehen Informationen hervor, die das Bild des Täuferlehrers Durs Aebi erheblich zu korrigieren und zu erweitern vermögen.

Ein Beispiel gefällig? Bitte sehr:

DursAebiGeltstag

Schon nur aus dem obigen kurzen Bildausschnitt (Akte aus StABE, B III 194a) geht hervor, dass Durs Aebi um 1670 erstens mit Margreth Steiner verheiratet war, dass er zweitens einen Sohn namens Andreas hatte, und dass er und seine Frau offenbar drittens gemeinsam einen Hof auf dem Weiler Ober-Kneubühl bei Sumiswald besassen, der auf ansehnliche 3680 Pfund eingeschätzt wurde.

Ein paar Zeilen später wird deutlich, dass seine Frau offenbar aus Ober-Diessbach  stammte. Dies ist meines Wissens der bisherigen Forschung ebenso unbekannt geblieben, wie die Tatsache, dass Durs Aebi offenbar einen Bezug zur Glaserei hatte: Denn bei der Konfiskation seines Gutes wurde ihm auch „Werkzüg zum Glaser Handtwerck aller  gatung by 40 stucken“ weggenommen.

Wer für seine eigenen Forschungen nicht der erstbesten Website auf dem Internet glauben will, tut darum gut daran, die einschlägigen Dokumente sorgfältig anzusehen.

Der Schweizerische Verein für Täufergeschichte berät Forschende gern (vgl. Flyer) – und für umfangreichere Anfragen steht auch die Fachstelle für täuferische Theologie und Geschichte auf dem Bienenberg zur Verfügung (mit einem Infoblatt für genealogische Forschungen).

Und übrigens: Wer gern mehr über die verschiedenen(!) Durs Aebi erfährt – sowohl über den alten Täuferlehrer im Emmental, als auch über dessen Enkel, den nach Pennsylvania auswandernden Mühlenbetreiber im Kraichgau – der lese die Details in einer der nächsten Ausgaben von Mennonitica Helvetica nach!

* Bedeutung und Verbreitung der Aebi-Familie ist auch daran ersichtlich, dass Nachkommen des Durs Aebi von Pennsylvania nach Ontario auswanderten und dort Ebytown gründeten. Ebytown wurde zwischenzeitlich in Berlin (1854-1916) umbenannt, bis es infolge antideutscher Stimmung während des Ersten Weltkrieges zu Kitchener wurde.

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