Was anfangs lediglich als Begleitband zu Film und Ausstellung gedacht war, präsentiert sich als gelungene Gesamtdarstellung der Anfänge des Täufertums in der Schweiz.
Eigentlich war es als Begleitbuch zum gleichnamigen Dokumentarfilm «Kinder des Friedens» gedacht gewesen. Den Film produzierte die Schweizer Dokumentarfilm-Firma Schwarzfalter in Kooperation mit SRF anlässlich 500 Jahren Täuferbewegung für 2025.
Aber es wurde viel mehr daraus.
Der Band fungiert nämlich ferner als Ausstellungsbuch mit zahlreichen hochwertigen Abbildungen rarer Buch- und Bildexponate, welche die Zentralbibliothek Zürich zusammen mit dem Zürcher Staatsarchiv in ihrer Ausstellung noch bis am 14. Juni 2025 zeigt: «Verfolgt – vertrieben – vergessen! 500 Jahre Täufertum in Zürich».
Das Buch ist im TVZ-Verlag erschienen und ein gemeinsamer Kraftakt der täuferischen Geschichtsvereine, der Zentralbibliothek Zürich ZB, der Universitäten Zürich und Freiburg CH und der Konferenz der Schweizer Mennoniten KMS, um nur einige zu nennen.
Es schreiben darin für die Schweizer und europäische Täufergeschichte führende Fachpersonen:
Dr. Urs Leu, langjähriger Leiter der Abteilung Alte Drucke und Rara der ZB und regelmässiger Autor in unserem Jahrbuch Mennonitica Helvetica, schildert die Anfänge des Täufertums in Zürich.
Der reformierte Kirchenhistoriker Prof. Jan-Andrea Bernhard erzählt die Geschichte des Täufertums im Gebiet des heutigen Kantons Graubünden.
Der Pionier der modernen Schweizer Täuferforschung und langjähriger Präsident des Schweizerischen Vereins für Täufergeschichte SVTG, Dr. Hanspeter Jecker, zeichnet die Täufergeschichte in Basel und Bern nach.
PD Dr. Astrid von Schlachta von der mennonitischen Forschungsstelle Weierhof beschreibt die europäische Dimension und Wirkung der Schweizer Täuferbewegung.
Und dem theologisch-ethischen Friedenshorizont gewidmet ist der Abschlussbeitrag von Prof. Fernando Enns, Hamburg/Amsterdam.
Zusammen mit dem Abdruck von Bildern der historisch wichtigsten Handschriften, Bilder, Briefe und Bücher jener Zeit ergibt sich ein Überblickswerk, das gleichermassen eine fundierte Gesamtschau wie einen guten Einstieg in die Geschichte des Schweizer Täufertums bietet.
Wie der Titel erahnen lässt, liegt starkes Augenmerk auf den friedenstheologischen Aspekten in der Täufergeschichte, also auf die Tradition von Gewaltlosigkeit («Wehrlosigkeit»), was auch der aktuellen geopolitischen Lage von 2025 geschuldet sein mag, aber auch sachgerecht ist. – Warum es sich lohnt, sich mit Geschichte zu beschäftigen, sei damit auch erwiesen.
Eine Leistung des Bandes liegt in der Synthese von 50 Jahren Täufergeschichtsforschung, wie sie in den letzten Jahrzehnten Fahrt aufgenommen hatte. Hier kann von einem Paradigmenwechsel gesprochen werden, wie Urs Leu gleich eingangs erklärt. Von Apologetik landeskirchlicher Geschichtsschreibung ist jetzt kaum mehr etwas zu merken, und ebenso aufgeklärt erscheint die akademische Forschung gegenüber ihrem Gegenstand: dem nonkonformistischen, dritten Weg der Reformation.
Die Zeit der Reformation wird hier in «evangelischer Ökumene» in Blick genommen: Dafür stehen auch der Beitrag des bis anhin weniger erforschten Bündnerlands vom reformierten Pfarrer und Kirchenhistorikers Jan Andrea Bernard sowie die Mitherausgeberschaft des neuen Leiters des Instituts für Schweizerische Reformationsgeschichte an der Universität Zürich, Prof. Tobias Jammerthal.
Judith Wipfler, Basel, judith.wipfler@mennonitica.ch
Bibliographische Angabe:
Kinder des Friedens. 500 Jahre Täufertum in der Schweiz, hg. von Oliver Dürr, Urs B. Leu, Hanspeter Jecker, Tobias Jammerthal, Zürich 2025, 224 Seiten, 21.0 x 21.0 cm, Hardcover, farbig illustriert; ISBN 978-3-290-18687-6; TVZ-Verlag CHF 34.00.
Ausstellungshinweis:
Die sehenswerte Ausstellung «Verfolgt Vertrieben Vergessen» zu 500 Jahre Täufertum im Kanton Zürich ist noch bis zum 14.6.2025 geöffnet: Zentralbibliothek Zürich, Zähringerplatz 6, 8001 Zürich.