Die grosse Fluchtbewegung von Täuferinnen und Täufern aus der Schweiz in die Pfalz und in den Kraichgau vor 350 Jahren war ein sehr einschneidendes Ereignis.
Über 700 jüngere und ältere Personen verliessen fluchtartig ihre Heimat, oft mit kaum mehr, als was sie auf dem Leibe hatten und was sie zu tragen vermochten. In der Pfalz und im Kraichgau kamen sie vorerst bei den dort schon lebenden Mennonitenfamilien unter. Aber bald schon war klar, dass die Aufnahme und Betreuung der Flüchtlinge die Kräfte der ansässigen Täuferinnen und Täufer bei weitem überstieg.
Zu Hilfe kamen den ansässigen mennonitischen Haushalten in der Pfalz und im Kraichgau die niederländischen Doopsgezinden. Die Dokumente, die im Rahmen dieses umfassenden Hilfswerkes entstanden, sind zwar bekannt und neuerdings auch in grossen Teilen publiziert. Aber für die Forschung waren sie bisher nur bedingt aussagekräftig. Zum einen, weil die notierten Namen der Flüchtlinge oft nicht mit den in der Schweiz bekannten übereinstimmten. Zum andern aber auch, weil darin nichts über die Herkunft und nichts über die Vorgeschichte der einzelnen Flüchtlinge gesagt wird.
Diese Lücke schliesst ein längerer Beitrag in der neuesten Ausgabe von Mennonitica Helvetica, dem Jahrbuch des Schweizerischen Vereins für Täufergeschichte. Hanspeter Jecker zeichnet für (fast) jede einzelne der genannten und an der Migration beteiligte Person nach, woher sie kommt, mit wem sie verheiratet ist, und welche Vorgeschichte sie mitbringt. Damit gelingt es ihm, deutlich mehr Licht in ein Kapitel der täuferischen Migrationsgeschichte zu bringen, das bisher leider noch allzusehr im Dunkeln gelegen hat.
(Hanspeter Jecker, Die täuferischen Migrationslisten von 1672, in: Mennonitica Helvetica 45 (2022), 44-94.)