Täufergeschichtliche Nebenschauplätze : Das Beispiel Thierachern bei Thun

Titelblatt des ersten Chorgerichtsmanuals von Thierachern (1587-1615) (Kirchgemeinearchiv Thierachern)

In der schweizerischen Öffentlichkeit wird das bernische Täufertum immer noch sehr stark mit der Landschaft Emmental assoziiert. Das Täuferjahr 2007 hat hier nicht unwesentlich dazu beigetragen. Das ist insofern auch richtig und berechtigt, als das Emmental die einzige Gegend der ganzen Schweiz ist, wo diese kirchliche Erneuerungsbewegung von der Reformation bis in die Gegenwart eine ungebrochene Präsenz aufweist. Trotz jahrhundertelanger Repression.

Diese Fokussierung auf das Emmental lässt aber bisweilen vergessen, dass es in der Schweiz zahlreiche Regionen, Talschaften und Dörfer gibt, wo täuferische Überzeugungen phasenweise eine nicht minder bedeutsame Rolle gespielt haben. Auch im Bernbiet.

Manchmal bringen dies lokale Initiativen bei der Aufarbeitung der Geschichte des eigenen Dorfes erneut an den Tag. So geschehen im Fall von Thierachern bei Thun. Soeben ist das reich illustrierte Buch «Thierachern  – Eine Reise durch Raum und Zeit» erschienen.

Soeben erschienene Dorfchronik von Thierachern bei Thun

Via eine unscheinbare Illustration (p.32) wird plötzlich deutlich: Alte Chorgerichtsmanuale enthalten bisher unbekannt gebliebene Sachverhalte und Zusammenhänge. Hier schlummern noch spannende Herausforderungen für nächste Generationen von Forschenden! Gerade die Landschaft zwischen Thun und Bern westlich des Aarelaufs bis hin zum Gürbe- und Stockental ist täufergeschichtlich noch recht wenig erforscht. Und dies, obwohl hier die Wurzeln von so weit verzweigten Täuferfamilien wie den Nafzigers, den Stutzmanns, den Wenger oder den Zehr liegen, von denen vor allem in Nordamerika Tausende von Nachkommen leben!

Die auf Seite 32 abgebildete Doppelseite aus dem ältesten Chorgerichtsmanual von Thierachern enthält zahlreiche Eintragungen über lokale Täuferinnen und Täufer! Genannt werden für die Familiennamen Wenger, Fürstenberg, Bieri und Blösch. (Zur Kirchgemeinde Thierachern gehörten damals auch Uetendorf, Uebeschi und Pohlern!)

Weitere interessante Entdeckungen – wie in diesem Blog im Falle von Blumenstein und der Familie Herr bereits vorgestellt – sind zu erwarten. Der Schweizerische Verein für Täufergeschichte mit seinem Jahrbuch MENNONITICA HELVETICA wird darüber berichten!

An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön all jenen, die via ihre Vereins-Mitgliedschaft diese Forschungen im vergangenen Jahr konkret unterstützt haben – und natürlich vor allem auch all jenen, die dies weiterhin bzw. ab jetzt (!) zu tun gedenken!

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