David Joris: Wunderbuch 1551

 ……………………………………………………………………………………………………………………………………………

Jan van Scorel 14951–1569: Bildnis des David Joris
Kunstmuseum Basel (via flickr

Der 1501 oder 1502 in Gent oder Brügge geborene David Joris(zoon) (Pseudonym Johann von Brugge), liess sich als Glasmaler in Delft nieder, aus dem er 1528 als Anhänger der Reformation und zunehmend der Täuferbewegung verbannt wurde. Als bedeutendster holländischer Täuferführer im Zeitraum 1536/44 bemühte er sich um Einigung der verschiedenen Richtungen. Während die Anhänger Obbe Philips’ und Melchior Hoffmanns sich von ihm abwandten, anerkannten ihn schwärmerische Kreise, die das innere Wort über die Schrift stellten, als Propheten. Die Davidjoristische Bewegung hielt sich bis zum Ende des 17. Jh. in Holland und Ostfriesland.
Unter dem Decknamen Johann von Brügge tauchte Joris im August 1544 als vermögender niederländischer Glaubensflüchtling in Basel auf. Hier erwarb er nicht zuletzt dank kirchlichem Wohlverhalten und verwandtschaftlichen Beziehungen das Bürgerrecht. 1545 kaufte er das Holeeschlösschen Binningen und 1546 den Spiesshof am Heuberg.
Wohl unter dem Einfluss des seit 1545 ebenfalls in Basel niedergelassenen Sebastian Castellio, der nebst dem Hausarzt Johannes Bauhin als einziger um Joris’ Geheimnis wusste, setzte sich dieser 1553 für den Antitrinitarier Michael Servet ein trat mit Caspar Schwenckfeld in Kontakt. Nach seinem Tod am 25. April 1556 wurde Joris zunächst mit allen Ehren zu St. Leonhard bestattet. Drei Jahre später indessen verriet der Schwiegersohn Niklaus Meynertz den Basler Behörden die wahre Identität des Johannes von Brügge. Dieser wurde im Gefolge eines postumen Ketzerprozesses im März 1559 exhumiert und samt seinen Schriften und seinem Bildnis «zu Pulver» verbrannt.

Von Joris’ künstlerischen Werk haben sich nicht allzu viele Stücke erhalten:
– von 1522 ein Glasfenster (
Basingstoke GB, Holy Ghost Chapel, Scheibenrisse von Bernard van Orley)
– von 1524/29 eine lavierte Federzeichnung: Christus übergibt Petrus die Schlüssel (Detroit, Institute of Arts)
– 
von ca. 1545 eine Monolithscheibe, die Caritas darstellend (Historisches Museum Basel) …

David Joris: «Wunderbuch», [o. O.] 1561 → Google books

Joris wirkte z. T. bis ins 17. Jh. durch mehr als 200 Schriften, von denen nur ein kleiner Teil gedruckt und erfasst ist (→ Bibliographie A. van der Linde 1867). Das «Wunderbuch» (t’Wonderboek) von 1542 (2. erweiterte Auflage 1551) betrachtete er selber als sein wichtigstes Werk. «Es hatte durch seine dunkle Mystik und seine sinnlichen Bilder eine starke Wirkung» (R. Stupperich).

→ Bildergalerie ‘Illustrationen und künstlerischer Buchschmuck des «Wunderbuches» 1551’

Über Hans Rudolf Lavater

* 1946 / Dr. theol. h.c. Universität Bern / Hauptforschungsgebiet: Frühe Neuzeit (Reformation und Täufertum) / Webseite: hr-lavater.ch
Dieser Beitrag wurde unter Buch abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.